Frau Mönch ist eine erfahrene Lymph- und Ödemtherapeutin, die seit 2010 in Kliniken und Physiotherapien in diesem Schwerpunktgebiet tätig ist. Aktuell gründet sie eine physiotherapeutische Schwerpunktpraxis für die ambulante Behandlung von lymphologischen Krankheitsbildern in Erfurt. 

Frau Mönch, zurzeit sind Patienten mit Lip- und Lymphödem aufgrund des Corona-Virus verunsichert, ob sie vielleicht zur Risikogruppe gehören. Sie sind Lymphtherapeutin und Gründerin des Lymphzentrum Erfurt. Können Sie uns hierzu eine Auskunft geben? 

Ich kann Sie beruhigen: Lip- und Lymphödempatienten haben erst einmal kein anderes Krankheitsrisiko aufgrund ihres bloßen Ödems. Jedoch auch hier gilt: Sind Sie über 60 Jahre oder ist Ihr Immunsystem aufgrund von Vorerkrankungen oder aktuellen Erkrankungen geschwächt, so gehören Sie zu der Risikogruppe und müssen besonders aufpassen. Auch Menschen mit Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes oder Lungenerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko. Das Robert-Koch-Institut bietet auf seiner Internetseite für Interessierte konkrete Informationen zum aktuellen Stand der Forschung. Für diese Patienten gilt es in jedem Fall abzuwägen, ob sie Lymphdrainagen weiter nutzen oder in der nächsten Zeit davon Abstand nehmen. Im Zweifel sollten Sie dies mit Ihrem jeweiligen Arzt besprechen, um Nutzen oder Risiko einer weiteren Behandlung abzuwägen. 

Was kann ich machen, wenn mein Arzt mir rät, lieber zu Hause zu bleiben oder meine Physiotherapie gar keine Lymphdrainagen mehr durchführen kann?

Auf jeden Fall sollten Sie Ihre Komprimierung kontinuierlich nutzen. Waschen Sie sie so oft wie möglich und ziehen Sie sie konsequent an. 

Natürlich sollten Sie auf sämtliche Hygienemaßnahmen, wie regelmäßiges Händewaschen mit Seife, Nies-Etikette oder das Nutzen von sauberen Einwegtaschentüchern beachten. Auch die Reinigung und Pflege der durch Ödeme betroffenen Körperteile ist ein wichtiger Bestandteil der Hygienemaßnahmen. Zum Narben- und Wundmanagement stimmen Sie sich bitte gesondert mit Ihrem Arzt ab. 

Auch Bewegung und leichter Sport in der Komprimierung hilft Ihnen, um Ihr Ödem in Schach zu halten. 

„Erkunden Sie neue Sportarten, wie Yoga, auf Zehenspitzen die einzelnen Zimmer ablaufen, Tanzschritte im Wohnzimmer ausprobieren oder wieder tägliche Morgengymnastik vor dem geöffneten Fenster.“ 

Wenn Sie zusätzlich Ihre Achtsamkeit schulen möchten, probieren Sie es doch einmal mit Yoga. Ich arbeite beispielsweise gerade an einem kleinen Tutorial für Ödempatienten. Dieses soll als Video zirka Ende nächster Woche kostenlos auf der Internetseite www.Lymphzentrum-Erfurt.de abrufbar sein. Probieren Sie es doch einfach mal aus. Wichtig hierbei: überlasten Sie sich nicht. Es soll Sie nicht stressen und vor allem Spaß machen. 

In jedem Fall ist es günstig, sich täglich Zeiten und Übungsroutinen zu planen, um in Bewegung zu bleiben und das Ödem positiv zu beeinflussen. 

Wer bereits Erfahrung hat, wie er sich wickeln kann und an sich selber leichte Massagen oder sogar Lymphdrainagen durchführen kann, sollte dies jetzt regelmäßig durchführen. 

Auch hier, wie bei jeder sportlichen Bewegung gilt: kein Stress und es soll nicht in Leistungssport aus- arten. Wer seinen Partner oder die Familie einbinden kann, sollte das in jedem Fall tun. Dann machen auch Wiederholungen Spaß. 

Wenn ich aber doch zu meinem Lymphtherapeuten gehe, muss ich dann Angst haben, mich anzustecken? 

Jeder Therapeut hat Hygienestandards ein zu halten, so muss die therapeutische Ausstattung regelmäßig desinfiziert werden. Und aktuell sollte dies sowieso nach jedem Patientenwechsel statt- finden. Gut belüftete Räume und ein Mundschutz, den der Therapeut benutzen sollte, können Ansteckungsrisiken reduzieren. Getrauen Sie sich ruhig, bei Ihrem Therapeuten nachzufragen, ob diese Standards gewährleistet werden können.

„Benutzen Sie als Risikopatient keine Stoff-Handtücher, sondern Einweg-Varianten. Nehmen Sie Ihre eigenen Getränke mit und meiden Sie das Wartezimmer. Kündigen Sie sich doch bei Ihrem Therapeuten oder Arzt telefonisch vorher an und warten Sie vor der Praxis, möglichst an der frischen Luft.“ 

Eine kleine Flasche Handdesinfektion sollte in jede Tasche passen. Sie können auch die Einweghandschuhe mitnehmen. Und wer auf Nummer sichergehen möchte, auch einen eigenen Kugelschreiber, um seine Unterschrift auf dem Rezept zu leisten. 

Sollten Sie sich momentan nicht wohlfühlen und möchten lieber zu Hause bleiben, so können Sie aufgrund der aktuellen Regelungen ihre Behandlung bis zunächst zum 30.April aussetzen. 

Frau Mönch, vielen Dank für Ihre Tipps. Können Sie uns noch etwas auf den Weg mitgeben, was wir berücksichtigen können? 

Bitte verzichten Sie auf den Frühjahrsputz. Das kann durchaus zu einer verstärkten Wärmeentwicklung im Gewebe und somit zu einer akuten Ödem Verschlechterung oder zu einer Manifestation des Ödems führen. Organisieren Sie daher Ihren ungewohnten Tagesablauf strukturiert und gönnen Sie sich unbedingt ausgewogen Bewegung, Ruhe und Zeit für Ihre im Haushalt lebende Familienangehörige. 

Wer auch weiterhin arbeiten muss: Bitte Ruhen Sie sich nach Ihrem Dienst oder Ihrer Schicht aus. Tanken Sie Kraft. Legen Sie die Beine hoch und lassen Sie sich von Ihrer Familie verwöhnen.

Verschlechtert sich Ihr Ödem, nehmen Sie in unbedingt Kontakt mit Ihrem Arzt auf und besprechen Sie mit ihm weitere Behandlungsmöglichkeiten. 

Genießen Sie die Möglichkeit, sich im Ernährungsbereich zu belesen und neue Kochrezepte auszuprobieren um eine ausgewogene Ernährung zur fördern. Gönnen Sie Ihrer Haut die Aufmerksamkeit und Pflegen. So können Folgeschäden reduziert werden. Sehen Sie diese „kleine Auszeit“ nicht als Last, sondern als Chance, sich auf sich zu konzentrieren. Seien Sie achtsam zu sich selbst! Und genießen Sie den erwachenden Frühling! Die Natur zeigt uns gerade, wie gut sie ohne uns leben kann. Entdecken Sie diese Momente! 

Frau Mönch, vielen Dank für das Interview! 

(Das Interview wurde am 27. März 2020 telefonisch mit Andrea Grassow, Landessprecherin Thüringen, geführt. Das Interview ersetzt keine ärztlichen Konsultationen und bietet keine Gewähr auf Vollständigkeit zum Umgang mit COVID-19)